Fachagentur Nachwachsende RohstoffeEin Projektträger des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft

 

FNR-Pressemitteilung

Biomasseanbau-Projekte des BMELV beim Wettbewerb „365 Orte im Land der Ideen“ ausgezeichnet

Naturschutz-konformes Anbausystem und Silphie-Züchtung sind Botschafter für „Deutschland, Land der Ideen“

Berlin, 4. September 2012. „Wir brauchen noch mehr Flächenschutz in der Landwirtschaft und dafür Forschungsergebnisse, die belegen, dass sich Rohstoffproduktion und Naturschutz auf dem Acker vereinbaren lassen“ erklärte Staatssekretär Peter Bleser aus dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) heute bei der Auszeichnung des Projektes ELKE* als „Ort im Land der Ideen“. Die Landwirtschaft stehe weltweit nicht nur vor der Herausforderung, bis 2050 rund 9 Milliarden Menschen zu ernähren, sie solle auch nachwachsende Rohstoffe erzeugen und ökologische Leistungen erbringen. Mit dem Ansatz ELKE hat das Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfAS) der Fachhochschule Trier ein vielversprechendes Konzept entwickelt, um genau diesen Zielkonflikt zu entschärfen. Im Kern geht es darum, auf Ausgleichsflächen nachwachsende Rohstoffe extensiv anzubauen, so dass der Naturschutz profitiert, der Landwirt aber gleichzeitig auch Biomasse ernten kann. ELKE bekam sowohl in der Konzeptphase als auch in der jetzigen Pilotphase Unterstützung vom BMELV.

Die Durchwachsene Silphie hat das Potenzial, mehr Vielfalt auf den Biogas-Acker zu bringen. Der Erfurter Samen- und Pflanzenzüchter N.L. Chrestensen will die neue Energiepflanze nun züchterisch so weiterentwickeln, dass Landwirte sie im großen Stil anbauen können. Unterstützt wird Chrestensen dabei ebenfalls vom  BMELV.

Das Projekt ELKE erhielt heute die Auszeichnung als „Ort im Land der Ideen“, am 6. September wird die N.L. Chrestensen GmbH für ihr Engagement rund um die Durchwachsene Silphie ebenfalls als „Ausgezeichneter Ort“ geehrt. Der Wettbewerb „365 Orte im Land der Ideen“ ist eine Initiative der deutschen Wirtschaft und der Bundesregierung.

Das Baugesetzbuch des Bundes und das Bundesnaturschutzgesetz schreiben für Baumaßnahmen, die einen Eingriff in Natur und Landschaft darstellen, eine Kompensation über die Aufwertung von Ausgleichs- oder Ersatzflächen vor. Häufig kaufen Projektträger dazu Landwirten Flächen ab und wandeln sie in Naturschutzflächen um. Nach dem ELKE-Ansatz verbleiben die Flächen hingegen in der Hand der Landwirte, die auf ihnen extensiv nachwachsende Rohstoffe anbauen. Das kann zum Beispiel die Kultivierung schnell wachsender Gehölze (so genanntes Agrarholz oder Kurzumtriebsplantagen) sein, wobei diese ohnehin schon extensive Anbauform noch weiter „ökologisiert“ wird, etwa durch eine größere Vielfalt der Gehölze und einen weiter verringerten Einsatz an Pflanzenschutzmitteln. Diese Anbauform weist gegenüber einem intensiv bewirtschafteten Acker verschiedene ökologische Vorteile auf: In den 20 Jahre und länger nutzbaren Kulturen verzichtet man nicht nur weitestgehend auf chemisch-synthetische Betriebsmittel. Auch die Störungsintensität ist sehr gering, weil nach der Etablierung nur noch in Intervallen von mehreren Jahren im Winter, also außerhalb der Brut- und Setzzeiten von Vögeln und Wildtieren, geerntet wird. Gleichzeitig profitieren aber auch die Landwirte und die Biomasseverwerter von einer regional nachhaltigen Energieversorgung.

ELKE befindet sich derzeit in einer Pilotphase, bei der an vier Praxisstandorten der Anbau unterschiedlicher Extensivkulturen daraufhin geprüft wird, welche Variante den besten Kompromiss zwischen Naturschutz und Biomasseerzeugung darstellt.

Die Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum L.) muss nur einmal in 10 Jahren und nicht wie Mais jedes Jahr ausgesät werden. Die Mehrjährigkeit ist ökologisch und ökonomisch vorteilhaft, zudem ist die lange blühende Pflanze bei Bienen und anderen Blütenbesuchern sehr beliebt. Zu ihren Vorzügen zählt außerdem ihre Trockentoleranz, dank der sie längere Trockenphasen insbesondere im Vorsommer gut übersteht. Für den Landwirt sind aber vor allem auch die Erträge entscheidend, und die sind schon jetzt, ohne züchterische Bearbeitung, beeindruckend. Auf schlechteren Maisstandorten kann die Pflanze sogar diese bislang wüchsigste aller Biogaskulturen überrunden. Dort, wo Mais sein ganzes Potenzial ausspielt, ist er allerdings – noch – nicht zu übertreffen, doch mit Hilfe des Chrestensen-Zuchtprojektes wird die Silphie weiter aufholen. Schließlich ist Mais eine Kulturpflanze, die bereits seit Jahrtausenden züchterisch optimiert wird. Alle bisher angebauten Silphiebestände – etwa 300 Hektar stehen momentan in Deutschland – basieren hingegen auf Pflanzen, die im Prinzip noch mit der Wildform identisch sind.

Das in Erfurt ansässige traditionsreiche Unternehmen N.L. Chrestensen beschäftigt sich seit 2006 mit dem vielversprechenden neuen Energielieferanten. Chrestensen ist der derzeit größte Anbieter von Silphie-Jungpflanzen und seit letztem Jahr auch der vermutlich erste Züchter dieser Pflanze. In einem vom BMELV geförderten Vorhaben wollen die Erfurter das Leistungspotenzial der Silphie verbessern und dazu die Merkmale Ertrag, relevante Inhaltsstoffe, Standfestigkeit, Resistenzen gegen biotischen und abiotischen Stress, Nutzungsdauer und die Saatguteigenschaften bearbeiten. 

Informationen zu den Projekten finden Sie in der Projektdatenbank der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR), Projektträger des BMELV unter folgendem Pfad: www.fnr.de, Menü Projekte & Förderung, Förderkennzeichen 22007709 (ELKE) und 22001110 (Erhöhung des Leistungspotentials und der Konkurrenzfähigkeit der Durchwachsenen Silphie).

Abb.: Agroforstsystem mit schnellwachsenden Baumarten und regionalen Gehölzen am ELKE-Modellstandort in Scheyern/Bayern. Foto: IfaS/F. Wagener. Bei Verwendung der Bilder bitte die Quelle angeben.

Abb.: Silphiebestand. Foto: FNR/Z. Hajkova. Bei Verwendung der Bilder bitte die Quelle angeben.

 

Pressekontakt:

Nicole Paul
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR)
OT Gülzow
Hofplatz 1
18276 Gülzow-Prüzen
Tel.: +49 3843 6930-142
Telefax: +49 3843 6930-220
e-Mail: n.paul(bei)fnr.de

Nr. 2012-44

* ELKE: „Entwicklung extensiver Landnutzungskonzepte für die Produktion nachwachsender Rohstoffe als mögliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen“.