Durch ihr spezielles Magensystem sind Wiederkäuer in der Lage, zellulosereiche Stoffe mikrobiell aufzuschließen und zu verdauen. Diese Vorlage aus der Natur regte Wissenschaftler der Leibniz Universität Hannover und der Tierärztlichen Hochschule Hannover an, eine Übertragung dieses Vorgangs in die Biogastechnologie zu untersuchen. In einem von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) geförderten dreijährigen Verbundvorhaben soll nun ein bionisches Verfahren nach dem Vormagensystem der Wiederkäuer entwickelt werden.
Anders als Energiepflanzen wie Mais und Getreide-GPS stehen Reststoffe wie Stroh oder Material aus der Landschaftspflege nicht in Konkurrenz zur Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln. Allerdings haben diese cellulosebasierten Substrate (cbS) im Gegensatz zu Energiepflanzen einen geringeren spezifischen Methanertrag, benötigen eine längere Verweilzeit im Fermenter und neigen zur Bildung von Schwimmschichten. Der Pansen des Wiederkäuers hingegen „verdaut“ faserreiche Stoffe mit hohen Trockensubstanzgehalten bei hoher Raumbelastung und geringer Verweilzeit sehr gut in Energie.
Die technische Nachbildung dieses natürlichen Prozesses erfolgt im Rahmen des Vorhabens mit einer vom Methanreaktor räumlich abgetrennten Hydrolysestufe. Während der Feststoff zurückgehalten wird, zirkuliert die Flüssigphase zwischen beiden Reaktoren und trägt so zur Verbindung von Hydrolyse- und Methanstufe bei. Weiterhin soll mit der Etablierung einer speziellen Pansenmikrobiologie im Fermenter der Aufschluss der Ausgangsstoffe besser gelingen. Die Forschung bezieht sich auf die Substrate Stroh, Biertreber, Landschaftspflegematerial sowie den Gärrest. Die vorgesehene umfangreiche Begleitanalytik bezieht auch Untersuchungen zu Hygienestatus und Risikobewertung mit ein. Hierbei geht es insbesondere um Sporenbildner und ihre Toxine (Clostridium sp.) sowie um darmpathogene Indikatorkeime (E.coli, Salmonella sp.).
Dieses Verfahren soll auch bei bestehenden Biogasanlagen zu einer signifikanten Verbesserung der Wirtschaftlichkeit führen. Denn mit solch einer Optimierungsmaßnahme lassen sich nicht nur stark cellulosehaltige Substrate vergären, sondern der immer noch wesentliche Anteil der organischen Substanz im Gärrest kann ebenfalls aufgeschlossen werden und höhere Gaserträge ermöglichen.
Weitere Informationen finden Sie in der Projektdatenbank der FNR unter den Förderkennzeichen 22025211 und 22017612.
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